Gottesdienst am 12.5.2024 – Exaudi – um 10 Uhr in der Lukas Gemeinde Karlsruhe
Predigt
Liebe Gemeinde,
dieser Sonntag handelt vom Hören. Exaudi heißt „hör mich“. Auch im Predigttext kommt das Hören vor. Das Hören der Jünger auf den Heiligen Geist. Und der Heilige Geist hört auf das was von Jesus und von Gott kommt und gibt es weiter, leitet die Jünger und uns in die ganze Wahrheit.
Wie oft ist doch unser Anliegen, von Gott gehört zu werden. So betet der Psalmist im heutigen Psalm: „Herr, höre meine Stimme, wenn ich rufe!“ Wir leihen uns die Worte des Psalms, wenn wir Gott um Hilfe bitten. In alltäglichen Fragen und Problemen. In Wünschen, die uns am Herzen liegen. Oder aber in existentiellen Nöten materieller oder seelischer Art. In Ängsten, Not und Schmerz. In verunsichernden Veränderungen der Lebensumstände oder in Verlust von Vertrautem. Es ist gut zu beten. Es ist gut, Gott um Beistand und Hilfe zu bitten. Gott hört. Er hört uns zu. Und er erhört uns. Manchmal ganz anders, als wir uns das erhoffen oder vorstellen. Manchmal zu einem anderen Zeitpunkt als es unserem Zeitplan entspricht. Doch Gott hört. Er hört, wenn wir zu ihm rufen.
„Sei mir gnädig und antworte mir!“, betet der Psalmist weiter. Der Beter geht davon aus, dass Gott nicht nur hört, sondern auch spricht! Ich würde sogar so weit gehen und sagen, dass auch Gott uns zuruft: „Hör mich!“ Der Heilige Geist will gehört werden, und will damals die Jünger und heute uns in die ganze Wahrheit leiten.
Im Alter von ca. 16 Jahren war es mein sehnlicher Wunsch, Gott zu hören. Meine Gebete kamen mir wie Monologe vor, weil ich keine direkte hörbare Reaktion von Gott wahrnehmen konnte. Erst viel später wurde mir klar, dass Gott damals durch Umstände, durch geöffnete Türen, durch Gelegenheiten und durch Menschen gesprochen hat. Es gab damals viele Fügungen, durch die Gott meine Schritte und Entscheidungen gelenkt hat. Der Wunsch, Gott zu hören blieb.
Er verstärkte sich sogar noch durch das Musikstudium, in dem alles ums Hören ging. Wieder erst im Rückblick erkannte ich, dass Gott durch das viele Hören geistlicher Musik meine Ohren schärfte und auf ihn ausrichtete. Später, als ich anfing die Bibel intensiv zu studieren, begann ich, mit inneren geistlichen Ohren Gottes Worte aufzunehmen. Gott zu hören war für mich ein Prozess. Es bedarf des achtsamen Hinhörens. Und mit ein wenig Übung habe ich begriffen, dass Gott sehr oft spricht, dass nur vieles unter den Tisch fällt, weil ich dem nicht gewahr werde, weil mir die Achtsamkeit dafür fehlt.
Gott spricht auf vielerlei Art und Weise. Durch Umstände, geöffnete Türen, Gelegenheiten, Menschen, durch geistliche Ohren. Aber auch durch inneren Frieden. Durch Liebe. Durch innere Gewissheit. Gott hat keine Grenzen, sich mitzuteilen. Das ist für jeden Menschen auch individuell verschieden. Auch er will gehört werden, so wie wir uns wünschen, dass er uns hört.
Gott spricht auch durch den heutigen Bibeltext zu uns. Jesus spricht. Gleich im ersten Satz des Predigttextes heißt es: „Jesus sprach zu seinen Jüngern!“ Jesus spricht zu seinen Jüngern und zu uns. Wir hören zu. Er sagt zu seinen Jüngern: „Es ist gut für euch, dass ich weggehe. (Damit spricht er von seinem Tod). Denn wenn ich nicht weggehe, kommt der Tröster nicht zu euch. Wenn ich aber gehe, werde ich ihn zu euch senden.“ Mit dem Tröster ist der Heilige Geist gemeint, wie später im Predigttext deutlich wird. Jesus sendet den Heiligen Geist nicht nur zu seinen Jüngern, sondern auch zu uns. Der Heilige Geist ist heute unter uns lebendig. Er lebt auch in uns.
Er hat laut Predigttext die Sendung, uns zu trösten. Er hat die Mission, uns die Augen auf zu tun. Im Text heißt es, dass er uns die Augen auf tut über die Sünde, dass Menschen nicht an ihn glauben. Er tut uns die Augen auf über die Gerechtigkeit, dass Jesus zum Vater geht und wir ihn hinfort nicht sehen können. Er tut uns die Augen auf über das Gericht, dass der Fürst dieser Welt gerichtet ist, das heißt, dass das Böse keine Macht mehr über uns hat.
Sicherlich hat der Heilige Geist noch viele Möglichkeiten mehr. Er kann uns im Herzen ansprechen. Zum Beispiel, wenn wir in der Bibel lesen. Da werden dann die Buchstaben auf einmal lebendig und haben ganz konkret etwas mit mir zu tun, mit meiner Situation. Plötzlich wird mir etwas klar, worauf ich eine Antwort gesucht habe. Plötzlich verstehe ich, wie Gott mich sieht, wer ich vor ihm bin. Plötzlich finde ich eine lang gesuchte Lösung, finde Wegweisung für eine Entscheidung.
Auch beim Meditieren kann mir der Heilige Geist begegnen. Zum Beispiel indem ich Erfüllung finde. Indem ich zu tiefem Frieden durchdringe. Indem ich etwas erkenne, mir etwas klar wird.
Bestimmt ist der Heilige Geist auch als Augenöffner in vielerlei Hinsicht ein Helfer. Beim Beten wird mir mit einem Mal klar, wie die Menschen um mich herum ticken, wie ich den Zugang zu ihnen finde, wie liebenswert jede und jeder auf seine Weise ist. Wie kostbar und einmalig. Mit einem Mal ermöglicht der Heilige Geist, dass sich Herzen finden, wo zuvor noch keine seelischen Brücken zu sehen waren. Da springt der Funke über. Beziehung, Gemeinschaft wird möglich. Der Heilige Geist ist Beziehung stiftend. Gemeinschaft spendend. Er verbindet. Er öffnet die Augen des Herzens.
„Ich habe euch noch viel zu sagen:“, sagt Jesus. Jesus hatte seinen Jüngern noch viel zu sagen. Jesus hat uns viel zu sagen. Er spricht in jede Zeit hinein. Er spricht in jedes Menschenherz. Hören wir seine leise Stimme? Kann man es üben, die Stimme des Heiligen Geistes zu hören? Bei mir ist es so. Für mich war und ist es eine Übung, mich immer wieder zu sensibilisieren auf die Welle, auf der der Heilige Geist spricht. Das Gebet kann zu einer solchen Übung werden. Oder das Bibellesen. Auch die Musik habe ich als einen Weg entdeckt. Oder das Spazierengehen in der Natur. Es gibt so viele Zugänge zum Sprechen des Heiligen Geistes wie es Menschen gibt. Es gibt auch geistliche Begleiter, die einen auf diesem Weg begleiten.
Ich will dich ermutigen, kreativ zu sein und das Abenteuer zu wagen, mit dem Heiligen Geist ganz persönlich in Kontakt zu treten. Öffne dein Herz für ihn. Er will mit dir sprechen und dir seine Geheimnisse erzählen. Er will dir in deiner Situation helfen und beistehen. Er will dich trösten. Er will dich in die ganze Wahrheit leiten. Heute ruft er dir zu: Exaudi! „Hör mich!“.
AMEN.